Published on: 12. May 2020
Klimawandel, internationale Migration und Urbanisierung
Schon heute ist der Klimawandel ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung innerstaatlicher und internationaler Migrationsbewegungen. Unzählige Menschen müssen aus ihren Heimatregionen ab-wandern, weil Naturkatastrophen und Dürren die dortigen Lebensgrundlagen zum Teil nachhaltig zerstört haben. Ziel sind vor allem größere Städte, in denen bessere Lebensbedingungen erhofft werden. Klimawandel und Urbanisierung sind daher eng miteinander verbundene Megatrends des globalen Wandels. Wie stark der klimabedingte Migrations- und Urbanisierungsdruck aber tatsächlich ausfällt, ist bislang weitgehend unerforscht. Das im Leibniz-Wettbewerb geförderte interdisziplinäre Projekt „Climate Change Impacts on Migration and Urbanization“ (IMPETUS) des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, des Wissenschaftszentrums Berlin, der City University of New York und des ILS geht der Frage nach, in welchem Maße klimatische Effekte Wanderungsbewegungen verstärken können und wohin diese Bewegungen zielen. Die Verknüpfung von auf verschiedenen räumlichen Maßstabs-ebenen operierenden Modellen, ermöglicht zudem die umfassende Analyse der Wechselwirkungen zwischen Migration und Urbanisierung. Das ILS befasst sich dabei unter anderem mit den Zielgebieten internationaler Migration in Deutschland. Es lassen sich teils konträre Wohnstandortpräferenzen von Migrantengruppen unterschiedlicher Herkunftsregionen erkennen. Einige Gruppen orientierten sich hin zu ländlichen Räumen. Insgesamt zeigt sich aber, dass westdeutsche Verdichtungsräume nach wie vor das bevorzugte Ziel von Migrant/-innen sind. Regionale Disparitäten in der Bevölkerungsentwicklung lassen sich somit wesentlich auf Immigration zurückführen. Demgegenüber hat internationale Migration aber auch eine dämpfende Wirkung auf den demografischen Wandel in Deutschland. In den Jahren 2007 bis 2017 hatten ländliche Kreise einen mittleren jährlichen Bevölkerungsverlust von 0,11 %, ohne internationale Migration wären es dagegen 0,50 % gewesen. So konnten durch natürliche Bevölkerungsentwicklung und Abwanderung deutscher Staatsangehöriger bedingte regionale Schrumpfungsprozesse durch Zuwanderung aus dem Ausland gebremst werden.
Autor: Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop
Der Artikel ist im JOURNAL 1/2020 erschienen, das hier abrufbar ist.
Modified on: 1. July 2020